3 | Rasantes Wachstum
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs Hamburg rasant. 1852 hatte die Stadt etwa 160 000 Einwohner, fünfzig Jahre später lebten über 700 000 Menschen in der Hansestadt. Hauptursache dieser Entwicklung war die industrielle Revolution: Landarbeiter aus ganz Deutschland und darüber hinaus kamen in die Stadt, um hier in Fabriken ihr Glück zu suchen. Hinzu kam, dass Hamburg tausende von Auswanderern in die „Neue Welt“ magisch anzog: Von der Veddel, einer Insel in der Elbe, stachen die Schiffe nach Nord- und Südamerika in See (Abb. 6). Doch nicht alle Auswanderungswilligen konnten sich die Passage leisten, manch einer blieb in Hamburg hängen.
Mit der Bevölkerung wuchs auch die Zahl der Katholiken: 1860 gehörten circa 4 000 Menschen zur katholischen Gemeinde, 1878 waren es schon 22 000, 1910 wurde die Zahl von 51 000 Gemeindemitgliedern erreicht – Tendenz weiter steigend. Die Gottesdienste fanden teils im „Kleinen Michel“ (vgl. Roll-Up 2) statt, teils in der Kapelle eines katholischen Waisenhauses, das 1861 in der Vorstadt St. Georg errichtet worden war und von Ordensschwestern betrieben wurde (Abb. 7). Doch die kleine Kapelle hatte nur etwa 100 Plätze. Während der Gottesdienste herrschte im Gebäude eine drangvolle Enge: Die Menschen saßen und standen nicht nur im Gottesdienstraum, sondern auch im Treppenhaus und verfolgten die heilige Messe sogar durch eine eigens eingebaute Luke in der Decke vom Dachboden aus. Es war klar: Eine neue Kirche musste her.
Mehrfach wandten sich die Katholiken an den Hamburger Senat mit der Bitte, er möge ihnen – wie allen anderen Konfessionen auch – ein Baugrundstück kostenlos zur Verfügung stellen. Doch die Gesuche wurden stets abgelehnt, weil man ein Erstarken der Katholischen Kirche in Hamburg – womöglich langfristig sogar die Gründung eines neuen katholischen Erzbistums – fürchtete.