8 | Hoffnungsbild in dunkler Zeit
Im Sommer 1943 war Hamburg Ziel der bis dahin schwersten Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs. Britische und amerikanische Bomberverbände legten im Rahmen der „Operation Gomorrha“ große Teile der Stadt in Schutt und Asche. Etwa 35 000 Menschen verloren ihr Leben – die größte Katastrophe in der Geschichte der Stadt.
Wie durch ein Wunder wurde die St. Marien-Kirche nur leicht beschädigt (Abb. 18). Und doch sind Spuren des Bombardements bis heute sichtbar: Durch die Hitze der Brände angrenzender Gebäude verflüssigte sich die Teerpappe, mit der die Kirche gedeckt war, und tropfte an der Fassade herunter. Diese Teerspuren kann man vom Statiogang aus bis heute deutlich sehen – ein eindrückliches Mahnmal gegen den Wahnsinn des Krieges.
Zu den Seelsorgern an St. Marien gehörte in dieser Zeit Kaplan Walter Haacke. Ein Widerstandskämpfer war er nicht – doch er sammelte einen Kreis um sich, der sich Gedanken über die Zeit nach dem Krieg machte und sich für tschechische Zwangsarbeiter einsetzte. Das genügte: Kaplan Haacke wurde verhaftet und noch 1945 zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Bei Kriegsende kam er frei. Aus Dankbarkeit über seine Rettung stiftete er eine Votivtafel mit einer Darstellung des Apostels Judas Thaddäus (Abb. 19), die bis heute in der Kirche zu sehen ist.
Doch gerade in dieser Zeit des Krieges, des Terrors und der Unmenschlichkeit entstand die Vision, die Apsis von St. Marien durch ein prächtiges Mosaik zu schmücken, das die Krönung Marien zeigt. Ein Hoffnungsbild in dunkler Zeit … Prälat Wintermann engagierte sich für die Idee, Vorbild sollte das berühmte mittelalterliche Mosaik von Jacopo Torriti in der Apsis von Santa Maria Maggiore in Rom sein (Abb. 20). Nachdem eine ausreichende Spendensumme zusammengekommen war, wurde die berühmte Mayer’sche Hofkunstanstalt in München beauftragt, das Mosaik zu fertigen. Wegen des Bombenkrieges konnte es jedoch erst 1948 eingebaut werden.
Nach Kriegsende lag St. Georg in Trümmern, nur die Türme von St. Marien ragten gen Himmel. Man verzichtete darauf, die Häuser südwestlich der Kirche wieder aufzubauen. So entstand der heutige Domplatz – erstmals lag St. Marien nicht mehr im Hinterhof (vgl. Roll-Up 4).